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Die fünf grössten Irrtümer über agile Methoden

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Agilität oder agiles Arbeiten sind zur Zeit in aller Munde. 



Das erwartet Dich in diesem Beitrag:
Wir klären die fünf größten Irrtümer der Agilität auf und schildern unsere eigenen Erfahrungen mit agilen Methoden im Vertrieb aus über zehn Jahren Praxis. Dazu geben wir Dir einen kleinen Ausblick darüber, wie die Arbeit mit agilen Methoden einfacher werden kann.

Dieser Blogbeitrag wurde am 06.11.2017 erstmals veröffentlicht und am 30.04.2021 überarbeitet.

Kurz gesagt

Agile Methoden sind gute, effektive Werkzeuge. Mit Kontinuität, klaren Regeln und gesundem Menschenverstand eingesetzt, erleichtern sie die Vertriebsarbeit.

  1. Agilität ist kein Projekt! Agilität gibt Dir den Rahmen vor, aber es wächst mit Dir und passt sich den Umständen in Deinem Unternehmen an und ist nicht irgendwann abgeschlossen. 

  2. Ist Agilität das Non-plus-ultra? Nur, weil jede:r in Deinem Umfeld mit agilen Methoden arbeitet, bedeutet das nicht, dass Du Dich dem anschließen musst. Agile Methoden sollen Dir im Alltagsgeschäft helfen. Nimm Dir die Zeit, um herauszufinden, ob sie auch wirklich zu Dir und Deinem Team passen.

  3. Agilität braucht Führungskräfte! Die Teams arbeiten selbstständig, aber nicht kopflos; ihre Aufgaben sind nur anders aufgeteilt. Das 🔗 Scrum-Konzept bietet einen guten Rahmen, da es drei Management-Positionen gibt: Product Owner, Scrum Master und das Team. Es ändert sich die Rolle der Führungskraft, nicht aber die Tatsache, dass Führung benötigt wird. 

  4. Agilität ist nicht neu und innovativ. Agilität gibt es, grob gesehen, schon seit den 1930er-Jahren. Die Prozesse und Methoden der Agilität haben sich seitdem nur der Zeit angepasst und weiterentwickelt.

  5. Agilität spart Zeit! Mit agilen Methoden hast Du die Rahmenbedingungen, um Fragen und Probleme im Team zu besprechen. Das spart Zeit und Nerven. So kannst Du vermeiden, dass mehrere Leute mit den gleichen Anliegen zu Dir kommen. Zusätzlich kennen alle den Stand aller Arbeitsprozesse.

Die 5 Irrtümer über agile Methoden

Wie bei nahezu jeder Methode oder bei Arbeitsritualen gibt es auch bei Agilität und bei agilen Methoden im Allgemeinen Irrtümer, die zu Diskussionen einladen oder einem selbst vielleicht noch gar nicht aufgefallen sind. Wir selbst sind über einige Fehlurteile gestolpert und werden in der Praxis immer noch oft damit konfrontiert. Die fünf häufigsten Irrtümer haben wir dabei zusammengefasst und vielleicht kommt auch Dir der eine oder andere Punkt bekannt vor. 

1. Agilität ist ein Projekt


"Machen Sie uns agil."

Diesen Satz hören wir im Rahmen von Beratungsgesprächen leider viel zu häufig. Dahinter steckt durchaus der Wunsch nach Erfolg – und der Glaube, dass agile Sales-Teams automatisch erfolgreicher sind. Aus diesem einfachen Wunsch heraus scheuen manche Unternehmen auch keine Mühe, neue agile Methoden in ihren Alltag zu integrieren. Allerdings konzentrieren sie ihre ganze Energie darauf agil zu werden. 

Das Ergebnis ist meistens, dass das Projekt „Agile Transformation“ alles in der neuen Arbeitsweise beherrscht. Es kostet so viel Zeit, dass das Team kaum noch dazu kommt, sich um das Tagesgeschäft zu kümmern. Das ist natürlich nicht der Sinn von 🔗 Agilität

Agile Methoden sind Werkzeuge, die die Arbeit eines Sales Teams dahingehend vereinfachen sollen, dass es die 🔗 Kundenzentrierung in den Mittelpunkt stellt. Das Vertriebsteam wird erfolgreicher, weil es Agilität als Tool nutzt, um die eigenen Kund:innen besser zu verstehen und dadurch auch mehr zu verkaufen. Es arbeitet mit agilen Methoden, um schneller zu lernen und sich immer weiter zu verbessern.

Nach unserer Erfahrung erreichst Du – je nach Verkaufszyklus – in vier bis zwölf Wochen nach Einführung der agilen Arbeitsweise die ersten gesteigerten Umsatzerfolge. Es dauert ein paar Monate, bis das agile Mindset in der alltäglichen Arbeitsweise verankert ist. 

Das bedeutet, dass stetige Verbesserung zum Kernpunkt der täglichen Arbeit wird. Deswegen handelt es sich bei Agilität auch nicht um ein Projekt, das irgendwann abgeschlossen wird. Es ist viel mehr die Einstellung, wie grundsätzlich in Deinem Unternehmen gearbeitet wird. 

2. Agilität ist das Non-plus-ultra


"Alles und jeder muss agil sein."

Agilität und agile Methoden gehören nach wie vor zu den großen Trends in unserer Arbeitswelt. Was in der Software-Entwicklung seinen Durchbruch feierte, kommt über das Projektmanagement jetzt auch in sehr vielen anderen Bereichen und Branchen zum Einsatz. 

Letztlich ist Agilität eine Antwort auf Veränderung und Unvorhersehbarkeit. Die meisten Märkte entwickeln sich so dynamisch, dass langfristige Planungen wenig sinnvoll sind. Gerade im Vertrieb hat die Digitalisierung das Kaufverhalten der Kundschaft grundlegend verändert. Dies hat Auswirkungen auf die Rolle und die täglichen Aufgaben der Verkäufer:innen. Durch das Arbeiten mit agilen Methoden können Teams sich in kurzfristig angelegten Planungszyklen besser orientieren und auf veränderte äußere Umstände schneller reagieren. 

Flexible Entwicklungen erleben mittlerweile so ziemlich alle Branchen und Unternehmen. Deswegen funktionieren agile Methoden gerade in Zeiten der Schnelllebigkeit und des 🔗 Vertrieb 4.0 so gut. 

Wenn Du das Gefühl hast, dass Deine Kund:innen bei Euch nicht immer Mittelpunkt der Vertriebsaktivitäten stehen oder sie teilweise schneller sind, als Ihr selbst, dann ist es absolut sinnvoll sich mit agilen Methoden zu befassen. Wichtig ist, dass Ihr Euch vor einer Transformation zur agilen Arbeitsweise genauestens über das "WARUM wollen wir eigentlich agil werden", Gedanken macht. Nur, wenn man dies gut formulieren und dem Sales Team glaubhaft vermitteln kann, funktioniert eine agile Transformation.

Wir können Dir versprechen: "Das machen jetzt alle" wird als Grund nicht zum gewünschten Erfolg führen. 

3. Agilität braucht keine Führungskraft


"Eine:n Teamleiter:in brauchen wir dann nicht mehr."

Dieser Irrtum über Agilität ist besonders weit verbreitet. Agile Teams teilen sich ihre Arbeit selbstständig ein, soweit ist es richtig. Ein Führungsvakuum entsteht deswegen aber noch lange nicht; die Aufgaben und Kompetenzen sind nur anders aufgeteilt. 

Nehmen wir das Scrum Framework zur Hilfe und übertragen es zum Beispiel auf den Vertrieb. In Scrum gibt es drei Management-Positionen“: Product Owner, Scrum Master und das Team. Das Selbstverständnis im agilen Arbeiten besteht allerdings darin, dass eher in Rollen gearbeitet wird statt in Hierarchien.

Der Product Owner: Im Vertrieb ist das in vielen Fällen die Abteilungs- oder Teamleitung. Sie hat die strategische Ausrichtung des Unternehmens im Blick und gibt dem Team die Richtung vor. Sie hilft den Teammitgliedern bei allen fachlichen Fragen und unterstützt sie dabei, die gesteckten Ziele wie etwa 🔗 OKRs zu erreichen. Dabei lässt der Product Owner dem Team in der Regel freie Hand. Sollte die Zielerreichung gefährdet sein, hat sie oder er aber auch das Recht, aktiv in das Tagesgeschäft des Teams einzugreifen.

Der Scrum Master: Sie oder er ist für die Umsetzung der agilen Methoden verantwortlich. Scrum Master sorgen dafür, dass der agile Rahmen eingehalten wird und die Teammitglieder die Methoden verinnerlichen. Darüber hinaus ist sie oder er auch eine Art „Kümmerer“ und agiert als Ansprechpartner:in für die Sorgen und Ängste einzelner Mitarbeiter:innen.

Das Team: Es arbeitet selbstorganisiert und eigenverantwortlich an den gestellten Aufgaben. Es unterstützt sich gegenseitig, Teammitglieder bieten sich untereinander Hilfe an. Außerdem priorisiert es die Aufgaben grundsätzlich selbst. Es arbeitet als 🔗 High Performance Team zusammen.

Die Führungskraft eines solchen agil arbeitenden Teams nimmt mehr die Rolle eines Coaches ein. Sollte das Team einmal nicht weiterkommen oder wichtige und dringende Aufgaben nicht fristgerecht fertig stellen können, ist es weiterhin Aufgabe der Führungskraft dies zu erkennen und das Team zu unterstützen. Bei agilen Teams hat die Führungskraft mehr Zeit, sich auf die strategische Ausrichtung des Teams zu konzentrieren. In hierarchischen Vertriebsteams verliert die Führungskraft oft viel Zeit im operativen Tagesgeschäft, um dort metaphorisch gesehen Brände zu löschen.  

4. Agilität ist neu und innovativ


"Man weiß ja gar nicht, ob das überhaupt funktioniert"

Agilität, das ist für viele der neueste, innovativste Schrei in Sachen Projektmanagement. Doch so beliebt die Methoden auch sein mögen:

Sie alle basieren auf Elementen, die bereits seit Jahrzehnten zum Einsatz kommen.

Nehmen wir als Beispiel das agile Mindset und den Anspruch, sich kontinuierlich verbessern zu wollen: Dieser Anspruch ist ein fester Bestandteil des 🔗 Deming-Kreises, den der US-amerikanische Physiker Walter Andrew Shewhart für die Qualitätssicherung im Industrieumfeld entworfen hat – in den 1930er-Jahren! Seitdem gehören diese Qualitäten in vielen Industrieunternehmen, aber auch bei vielen Dienstleistern, zu den Standardverfahren.

Ähnliches gilt auch für die 🔗 Kanban-Methode, die bereits Ende der 1940er-Jahre in der japanischen Toyota Motor Corporation entstand. Seitdem wurde das Verfahren stetig verfeinert – bis es schließlich nicht mehr nur für produzierende Unternehmen, sondern auch für Firmen, wie möglicherweise Deine, aus anderen Branchen interessant wurde.

Agilität ist also streng genommen nichts Neues. Agile Methoden sind quasi die nächste Evolutionsstufe aus vielen erfolgreichen Management-Methoden.

Deming Kreis, der die vier Phasen aufzeigt: Planen, Machen, Überprüfen und agieren.

Abb. 01: Deming Kreis © Agile Sales Company GmbH  

5. Agilität ist ein Zeitfresser


"Wir haben keine Zeit für ein tägliches 15 Minuten Meeting."

Agile Methoden, unter anderem Scrum mit seinen festen Ritualen, gelten für viele Außenstehende als ziemlich zeitraubend. Auch wir haben das schon gehört: „Die stehen doch eh nur ständig vor ihrem Board“; egal, aus welchem Unternehmen die agilen Teams kamen, ob aus der IT, HR oder Vertrieb.

Aber ganz im Gegenteil: Wir halten agiles Arbeiten sogar für ziemlich effektiv. Bei der Agile Sales Company GmbH können wir ziemlich genau beziffern, wie viel Zeit die Kommunikation im Team pro Woche verbraucht. Gehen wir einmal davon aus, dass montags zwei Stunden für die Sprint-Planung anfallen. Dienstags bis freitags gibt es dann vier 15-minütige 🔗 Daily Stand-ups sowie am Freitag eine einstündige Review – das war es dann aber auch schon. 

Weil diese Meetings klaren Regeln unterliegen und viele Prozesse transparent machen, braucht es keine weiteren Absprachen. Zusammen macht das vier Stunden in der Woche für Kommunikation und (bei 40 Arbeitsstunden/Woche) 36 Stunden für Verkaufen. Wie viel Zeit hast Du aktuell? 😉

Nimm Dir gerne einmal etwas Zeit und dokumentiere, wie viel Zeit Dein Team für verschiedene Meetings innerhalb der Arbeitswoche benötigt. Jetzt addierst Du noch die Zeit, die zur Klärung von Missverständnissen, der Beantwortung von E-Mail-Fluten und Telefonrückfragen benötigt wird. Das genau zu beziffern ist sicherlich schwierig, aber worauf wir hinauswollen ist, dass oft viel Zeit in Vertriebsteams verloren geht, die nicht auf die eigentliche Kundschaft einzahlt. Dadurch, dass agile Methoden auch den Austausch innerhalb des Teams fördern – und zwar den Austausch über die Bedürfnisse der Kund:innen – erarbeitet sich das Vertriebsteam viel schneller ein besseres Know-How als zuvor. 

Fazit

Das sind die fünf größten Irrtümer über agile Methoden. Vielleicht überlegst Du gerade jetzt, ob agile Methoden zu Deinem Betrieb und Deinem Team passen. Wenn Du die agilen Methoden etwas ausprobieren möchtest, nimm Dir doch einfach vor, beispielsweise montags das Sprint-Meeting einzuführen und Dich die restlichen Tage morgens mit Deinem Team zum Daily Meeting für 15 Minuten zusammenzusetzen. Nach vier Wochen kannst Du Dir schon eher ein Bild davon machen, ob agile Methoden zu Euch passen. Und das bedeutet ja noch lange nicht, dass Du Agilität „unbedingt“ und sofort in jeden Bereich integrieren musst.


Du fragst Dich, wie Du Agilität in Deinem Unternehmen einsetzen kannst und sollst? Lade Dir hier kostenfrei und völlig unverbindlich unsere Agile Sales Hacks herunter!

 

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