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Konflikte: die größte Umsatzbremse im Vertrieb

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Konflikte gibt es auch in Sales Teams. Agile Rituale helfen Dir, diese strukturiert zu lösen.


Das erwartet Dich in diesem Beitrag:

Ein selbstorganisiertes Vertriebsteam – das klingt in den Ohren vieler Manager:innen erstmal nach Urlaub. Aber was tun, wenn doch Konflikte aufkommen?

Wir stellen Dir die Retrospektive als wichtiges Meeting zur Konfliktlösung und Konfliktprävention vor. 

Kurz gesagt

Wir leben zwar im sogenannten Informationszeitalter – aber wie können wir uns sicher sein, stets die „richtigen“, für uns maßgeblichen Informationen an der Hand zu haben? Dass alle im Team ganz sicher alle Infos bekommen und sie gleichermaßen gut umsetzen? Hier hilft die Retrospektive.

Die Vorteile von Retrospektiven:

  • Zusammenarbeit im Team verbessern
  • Kontinuierliche Verbesserung des Projekts
  • Aufstauen von Frust vermeiden
  • Raum, um Themen im Team offen anzusprechen
  • Maßnahmen entwickeln, um ein Team zu werden

Konflikte in der Selbstorganisation

Es ist erwiesen, dass agil und selbstorganisiert arbeitende Verkaufsteams deutlich besser mit den sich wandelnden Marktbedingungen umgehen können als „Einzelkämpfer:innen“, deren Fokus häufig nicht über die Produkte und Kund:innen in ihrem Verantwortungsbereich hinausgeht. Strategisches Mitdenken im Sinne aller Kund:innen, im Sinne des erweiterten Verkaufsteams oder des ganzen Unternehmens sind in klassischen Vertriebsstrukturen nicht immer gegeben. Unsere Erfahrungen in der Arbeit mit agilen Verkaufs- und Marketingteams zeigen uns, dass der Umsatz eines gesamten Vertriebsteams steigt, je mehr sich die einzelnen Verkäufer:innen untereinander über ihre Erfahrungen im Verkauf austauschen.

Erfolge und auch die Misserfolge einzelner Verkäufer:innen werden offen im Team besprochen und alle lernen daraus. In agilen Verkaufsteams darf man Fehler machen und sich irren. Solange man aus den eigenen Irrtümern lernt. 

Einer der Hauptmechanismen aus dem Konzept des agilen Arbeitens ist der Wissensaustausch unter Kolleg:innen. Ganz konkret heißt das, dass agile Prozesse und „Rituale“ (das sind ganz bestimmte Meetings im Rahmen des agilen Arbeitens) die Zusammenarbeit um die regelmäßige und gezielte Kommunikation der Menschen strukturieren. 

Dieses Vorgehen, die hohe Bedeutung von Kommunikation miteinander, führt konsequenterweise dazu, dass wir im agilen Arbeiten auch mit Kolleg:innen sprechen (müssen), denen wir sonst lieber aus dem Weg gegangen wären. Und wir sprechen auch dann mit diesen Kolleg:innen, wenn wir (und/oder sie) gerade ganz besonders keine Lust dazu haben, weil ein Konflikt konkret im Raum steht. 

Die agile Arbeitsweise, und damit die agilen Rituale, geben den konkreten Rahmen der regelmäßigen Kommunikation aller Projektmitarbeiter vor. Das wollen wir kurz erklären.

Im agilen Arbeiten geht es darum, ein Projektziel durch kurze „Sprints“ (definierte Arbeitszyklen) und regelmäßige Abstimmungsrunden zu erreichen. Ein Mittel der Agilität ist die fokussierte Kommunikation zwischen Kolleg:innen: Fokussiert auf ein konkretes Projektziel im Sinne des aktuellen Kundenbedarfs. Um diese Kundenzentrierung sicherzustellen, beschränkt sich ein agiles Team auf „agile Rituale“. Das sind vier regelmäßige Meetings mit spezifischen Themenschwerpunkten. 

Die agilen Rituale

  1. Das Planning, als Meeting zur Planung, Fokussierung und Priorisierung der Verkaufsstrategie über den nächsten, zum Beispiel vierwöchigen Sprint.
  2. Das Daily zur täglichen Besprechung positiver und negativer Verkaufsgespräche: Verkäufer:innen lernen voneinander und können sich gegenseitig mit Informationen, Rat und Tat unterstützen. 
  3. Das Review, die Evaluationsrunde am Ende jedes Sprints, in der überprüft wird, welche im Planning festgelegten Meilensteine (Verkaufszahlen, Kundentermine, Sales-Strategien, etc.) erreicht und welche nicht erreicht werden konnten. Das Review ist ein Lernmeeting.
  4. Die Retrospektive, in der die gemeinsame Arbeit im Team rückblickend auf den vergangenen Sprint besprochen wird. Nicht zu verwechseln mit dem Review.

Agilität strukturiert die tägliche Arbeit deutlich mehr, als intuitiv zunächst anzunehmen wäre, wenn von Selbstorganisation die Rede ist. Denn nicht alles wird durch das Team selbst organisiert. Das Projektziel und die zu erreichenden Meilensteine werden in der Regel vom Product Owner (oft auch durch die Führungskraft) vorgegeben. Der Weg, wie diese Ziele erreicht werden, liegt im Ermessen des Teams. 

Agilität löst keine Probleme. Sie macht Probleme sichtbar. Und damit lösbar. 

Konflikte können auch im agilen Arbeiten an jeder Ecke entstehen. Entweder, weil der Product Owner (die Führungskraft) bei der Erarbeitung der Sprintziele dem Team immer wieder „dazwischenfunkt“. Oder, weil der Haussegen innerhalb des Teams schiefhängt, worunter die Kommunikationsprozesse leiden und Projekt- und Sprintziele nicht erreicht werden. 

Weitere Gründe für Konflikte: beispielsweise, weil agiles Arbeiten erst neu im Unternehmen eingeführt wurde, und die Mitarbeiter:innen und (ehemaligen) Führungskräfte sich mit ihren neuen Rollen und der selbstorganisierten Arbeitsweise noch nicht hinreichend angefreundet haben. Oder oder oder. 

Agilität macht Konflikte sichtbar. Dadurch, dass agiles Arbeiten auf regelmäßige, fokussierte Kommunikation setzt, können Konflikte zwischen Positionen oder Persönlichkeiten weniger gut umgangen werden. „Kalte“, also totgeschwiegene, nicht ausgelebte Konflikte, werden so öfter zu „heißen“ Konflikten. 

Agilität macht Konflikte lösbar. Konflikte treten in den agilen Ritualen (siehe oben) an die Oberfläche. Die Retrospektive als eines der Meetings bietet einen Rahmen für die Lösung der Konflikte. In diesem Meeting geht es ausschließlich um das Miteinander in Deinen Verkaufsteam. 

Die Retrospektive findet immer zum Ende eines Sprints statt und sollte separat zum Review durchgeführt werden. Für gute Arbeitsergebnisse ist ein funktionierendes Team wichtig. Und ein Team funktioniert dann, wenn alle Reibungen oder schwelenden Konflikte offen angesprochen werden können und zur Lösung finden. 

Aber lass uns noch einmal einen Schritt zurückgehen. Denn um Konflikte lösen zu können, hilft es, ihre Grundstrukturen zu verstehen.

Konflikte im Team

Probleme im Team und zwischen Menschen gibt es immer wieder. Der Unterschied zwischen einem Problem und einem Konflikt liegt in der Definition:

  • Ein Problem ist per se ein Hindernis jeglicher Art, das im Hinblick auf die Erreichung eines Ziels zu umgehen ist. 

  • Konflikte stellen in diesem Sinne auch immer ein Problem dar. Aber nicht jedes Problem ist gleich ein Konflikt. Ein Konflikt ist eine Unvereinbarkeit im Denken, Fühlen und/oder Handeln. Diese Unvereinbarkeit wirkt auf mindestens eine Person bedrohlich, die dafür mindestens eine andere Person für schuldig erklärt. 

Wir unterscheiden zwischen mehreren Konfliktarten

Sachkonflikte. Mangel an Informationen, Fehlinformationen, abweichende Priorisierungen, unterschiedliche Interpretation von Daten oder verschiedene Vorgehensweisen bei beispielsweise einer Datenbewertung.

Interessenkonflikte. Angenommene oder tatsächliche Konkurrenzen, abweichende Sach-, Verfahrens- oder psychologische Interessen, zum Beispiel zwei oder mehr Kolleg:innen.

Beziehungskonflikte. Gefühle, Stereotype, Fehlkommunikation, negatives Verhalten, Unvereinbare Wege der Zielerreichung, wenn zum Beispiel ein Team sich uneinig darüber ist wie eine Aufgabe zu verrichten ist.

Wertekonflikte. Unterschiedliche Lebensweisen (Ideologien, Religion, Werte), zum Beispiel unterschiedliche Einstellungen zur Arbeit.

Strukturkonflikte. Ungleiche Kontrolle, Macht, Autorität oder Ressourcenverteilung, destruktive Interaktionsmuster, geographische, physische oder umfeldbezogene Faktoren, die die Zusammenarbeit erschweren.

Der Einfluss von Konflikten auf Verkaufsteams und auf Deinen Umsatz 

Sach- und Beziehungskonflikte werden in der Wirtschaftsmediation häufig als „Überkategorien“ zu den übrigen Konfliktarten gewertet. 🔗 Studien zeigen, dass diese beiden Konfliktarten einerseits einen negativen Einfluss auf den Informationsaustausch im Team und andererseits auf die Akzeptanz neuer Informationen haben. 

Das wollen wir Dir genauer erklären:

Mit „Informationsaustausch“ ist die Wahrscheinlichkeit gemeint, mit der neue Informationen mit allen Mitgliedern eines Teams geteilt werden. Hundert Prozent Informationsaustausch würde bedeuten, dass alle neuen Informationen mit allen im Team geteilt werden – unabhängig davon, welches Teammitglied die neuen Informationen als erstes empfängt. 

Die „Akzeptanz neuer Informationen“ beschreibt die Wahrscheinlichkeit, mit der neue Informationen als solche akzeptiert (und nicht einfach ignoriert) werden. 

Ein Beispiel: 

Jutta aus dem Marketingteam erhält von mehreren Kolleg:innen aus dem Vertrieb die Rückmeldung, dass die neue Werbekampagne die Kund:innen eher irritieren als begeistern würde. Der Einfachheit halber nennen wir diesen Sachverhalt „Thema A.“ 

Thema A: Vertrieb berichtet Marketing, dass die neue Marketingkampagne die Kund:innen irritiert

Beim nächsten Teammeeting teilt Jutta diese Informationen mit ihren Kolleg:innen.
Teammitglied Klaus, der für die Kampagne hauptverantwortlich war, fehlte in diesem Meeting. Die Teammitglieder und allen voran Jutta hätten Klaus natürlich nachträglich über die Themen des Meetings informieren können. Da dem Team ein Gefühl des Miteinanders im Team sowie ein gemeinsames, klar umrissenes Ziel fehlt, findet diese Art der Informationsweitergabe jedoch nur selten – und wenn, dann nur auf Anweisung der Führungskraft – statt. 

Aber nicht nur die Teamkultur im Marketing verhinderte, dass Klaus an die Information kam: Klaus steht seit Wochen mit Jutta im Konflikt über die Verteilung des Marketingbudgets (Thema B). 

Thema B: Klaus, Jutta sind sich uneinig über die Verteilung des Marketingbudgets

Sophie und Matthias sind beim Teammeeting anwesend. Allerdings können beide Jutta aus persönlichen Gründen (Thema C) nicht ausstehen und verbringen den Rest des Teammeetings damit, die Glaubwürdigkeit der Kundenrückmeldungen anzuzweifeln. 

Thema C: Sophie und Matthias können Jutta aus persönlichen Gründen nicht leiden

Das Team verlässt den Meetingraum in einem verwirrten Zustand. Darüber, wie man die neuen Informationen in die Arbeit einfließen lassen will, wurde nämlich gar nicht gesprochen. 

Die schwelenden Sach- und Beziehungskonflikte führen in diesem Beispiel zu Ineffizienzen im Team. Diese wirken sich negativ auf die Performance von Vertriebs- und Marketingteams aus. 

Retrospektiven: Konfliktlösung und Teamevent für produktivere Zusammenarbeit 

Die feststehenden agilen Rituale sehen neben den täglichen fünfzehnminütigen „Dailies“, den umfassenden „Planning“- und den „Reviewmeetings“ auch eine Retrospektive vor. In den Retrospektiven geht es ausschließlich um die Zusammenarbeit im Team. 

Ziel der Retrospektiven ist es, die Zusammenarbeit zwischen Menschen zu verbessern. Konkreter kann dies zum Beispiel die Kommunikation zwischen Vertrieb und Marketing betreffen. Aber auch die verbesserte Kooperation zwischen oder innerhalb eines Teams kann Ergebnis einer Retrospektive sein. 

Dazu schauen die Teammitglieder gemeinsam auf den vergangenen „Sprint“ und bewerten, was im Hinblick auf die Zusammenarbeit gut und was verbesserungswürdig oder sogar schlecht gelaufen ist. Außerdem analysieren sie die Gründe dafür, warum zum Beispiel ein Verkaufsgespräch gut oder schlecht verlief. Jede Retrospektive endet mit der Erarbeitung konkreter Maßnahmen zur Verbesserung der Kommunikation und/oder Kooperation. 

Bei cross-funktionalen Teams oder in Fällen, in denen zwei Abteilungen eng zusammenarbeiten (Vertrieb und Marketing) finden die Retrospektiven bestenfalls auch abteilungsübergreifend statt. Zusätzlich können auch Retrospektiven auf Managementebene durchgeführt, so zum Beispiel zwischen der Vertriebsleitung, der Leitung Marketing und weiteren. Dies stärkt nicht nur die Produktivität der operativen Zusammenarbeit, sondern fördert auch die einheitliche, strategische Ausrichtung Ihrer Kundenkommunikation. 

Somit bietet die Retrospektive einen regelmäßigen Rahmen im ca. vierwöchigen Abstand, in dem durch ausgewählte Methoden Konflikte sichtbar und besprechbar werden. Je nach Intensität eines Konflikts kann dieser direkt im Rahmen der Retrospektive gelöst werden. Oder aber das Team vereinbart nächste Schritte, um den Konflikt strukturiert anzugehen und zeitnah die Zusammenarbeit zu verbessern.

Retrospektiven werden häufig von einer Person moderiert, die zwar dem Unternehmen angehört, aber von den Teammitgliedern als neutral angesehen wird. Interne oder externe Agile Coaches kommen hier häufig zum Einsatz. Der Rahmen der Retrospektive ist und bleibt stets vertraulich: 

What happens in Retroland, stays in Retroland.

Die Vorteile von Retrospektiven:

  • Zusammenarbeit im Team verbessern.
  • Kontinuierliche Verbesserung des Projekts.
  • Aufstauen von Frust vermeiden.
  • Raum, um Themen im Team offen anzusprechen.
  • Maßnahmen entwickeln, um ein Team zu werden.

Retrospektiven werden durch eine Moderation meist in den folgenden fünf Phasen durchgeführt:

  1. Intro.
    Begrüßung, Klärung der Ziele der aktuellen Retrospektive.

  2. Daten sammeln in Bezug auf die Zusammenarbeit.
    Was ist in letzter Zeit geschehen? Was war gut? Was war schlecht? Welche harten Daten und Fakten über Qualität oder Produktivität etc. stehen zur Verfügung?
    In diesem Teil der Retrospektive geht es vor allem darum, dass Feld bereit zu machen und „alles“ zuzulassen. Am Ende dieser Phase sollte die Auswahl geclustert und priorisiert werden, um sich mit den wichtigen oder vielleicht schwierigsten Themen zuerst zu beschäftigen.

  3. Einsichten gewinnen.
    Warum sind die Dinge, wie sie sind?
    Dabei geht es vor allem darum, tiefgründig zu verstehen, warum ein Problem besteht. Das Ziel ist, in der nächsten Phase gezieltere Maßnahmen entwickeln zu können und nicht nur Symptome zu bekämpfen.

  4. Maßnahmen beschließen.
    Was wollen wir konkret wie bis wann ändern?

  5. Abschluss.
    Hier wird ein Rückblick auf die Retrospektive geworfen. 
  • Mit welchem Gefühl gehen die Teilnehmer:innen aus dem Termin? 
  • War die Zeit sinnvoll investiert? 
  • Was braucht es beim nächsten Mal anders? Was soll erhalten bleiben?

    Damit wird ein klares Ende der Retrospektive gesetzt und die Moderatorin oder der Moderator bekommt die Gelegenheit, die nächste Retrospektive zu verbessern.

Zur Erarbeitung der obigen fünf Schritte kannst Du Dir zahlreiche Methoden zunutze machen. Eine gelungene Übersicht mit Methoden, die die offene Kommunikation in der Retrospektive fördern, findest Du zum Beispiel 🔗 hier

Kein Team der Welt ist gänzlich vor Konflikten gefeit. Unsere Erfahrungen als Agile Coaches lehren uns, dass Teams deutlich effizienter zusammenarbeiten, wenn sie regelmäßig Retrospektiven durchführen, um ihr Miteinander zu reflektieren und mittels guter, moderierter Kommunikation zukunftsweisender Maßnahmen zu verbessern.


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